Features: Eine endlose Baustelle. Image: Gutenbrunnerstraße, Baden.
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Das Auge, seine Optik und die Reisen des inneren Auges
Für Feature gibt es keine rechte Übersetzung. Das Wort bezeichnet ein besonderes Merkmal. Etwas das hervorragt. Auch hier geht es meist um verschüttete Erinnerungen. Es könnte in Vergessenheit geraten, daß man an einem Abfallhaufen in Indien vorbeiging. Man hat vergessen und verdrängt, daß es gestunken hat. Und über all den Gerüchen lag noch der Duft von Räucherwerk. Umgeben von einem Malström an Geräuschen sucht man das, was man an den rechten Ort zu stellen sucht. An einen bekannten Ort, das gibt Sicherheit. So unterwegs, möglichst auf zwei Beinen, stellt man sich ins Abseits und sucht das Unbekannte. Oder die Schmankerln. Diese Kombination macht es aus. Unbekanntes und Schmankerln. Und die Kombinationen unbekannter Schmankerln.
Es fehlt ja was im Leben. Das Bekannte muß mit dem Unbekannten ergänzt werden und erfährt so seine Vollständigkeit. Es ist wie der Blick auf ein Gemälde, an dem man arbeitet. Das Bild ist im Geist vollständig und muß «nur mehr» fertig gemalt werden. Und ein Teil und ein nächster reiht sich ein.
Die Features sind immer reisen. Auch auf dem bequemen Stuhle zuhause. Ein Buch. Musik. Gedanken. Mehr als Gedanken.
Das Auge, seine Optik und die Reisen des inneren Auges.
Ich habe das große Glück erfahren, in eine Zeit an einem Ort geboren worden zu sein, wo ich erfahren konnte, daß unser Leben an einem ständigen Schnittpunkt liegt, an dem Schnittpunkt der Unendlichen. Es ist wie eine Weggabelung und ich kam zur rechten Zeit und an den rechten Ort an, um die Hände voller Möglichkeiten zu haben. Und gleichzeitig war nichts da. Keine Orientierung, keine Bestätigung, keine Bedienungsanleitung und kein Plan. Niemand, der Antworten hatte. Nur überall Hinweise, versteckt. Und jede Menge falsche Hinweise. Aber alles war da, nur brauchte es oft Jahrzehnte, bis ich überhaupt begreifen konnte, daß da ein Hinweis war. So erstand ich einmal – auf Pilgerreise mit den Hare Krishnas – in Nepal eine große Thanka mit vier meditierenden Buddhas, dabei borgte ich mir von der Reiseleiterin Zwei- bis Dreihundert Dollar aus, weil mir das Geld ausgegangen war. Und heute, 17 Jahre später und nach über 40 Jahren nach der Hippiezeit, als das Buch damals aktuell war, lese ich das «Bardo Thödol», das sogenannte Tibetanische Totenbuch und werde mir der Bedeutung dieser Malereien bewußt. Und doch: Auch heute muß ich mir jeden Schritt vorzeichnen und sorgsam darauf achten, jedes Wort, das an mich gerichtet wird, zu überprüfen. So streng sind die Regeln.
Japan
Es war so eigenartig in Japan anzukommen. Ich kannte den Groove nicht. Ich mußte erfahren, daß ich die Taxitür nicht zumachen durfte, da der Fahrer einen Mechanismus betätigte, der die Tür zumachte.
Alles sah anders aus, so typisch japanisch. Je tiefer ich in dieses Tokyo herankam, desto weniger konnte ich lesen. Natürlich nicht schreiben. Und sprechen. Englisch ist so eine Sache dort. Zunächst war ich Analphabet. Aber die Japaner sind höflich und unglaublich zuvorkommend. Und zeigt man nur ein wenig Interesse an der Kultur Japans, dann ist jeder bereit, alles zu zeigen, alles zu geben, um diesen Besucher durch die japanische Welt zu geleiten. Der Begriff "geleiten" ist hier treffend, es ist fast ein Gleiten durch die Welt und die Kultur Japans. Betritt man einen Papierladen und frägt man (auf Englisch) nach dem Japanpapier im Schaufenster, so wird man gleich in den zweiten Stock geleitet (was der erste Stock ist, denn der erste Stock ist in Japan das Erdgeschoß), wo das Papier schon auf dem Verkaufstisch liegt.
Zwei Häuser weiter gibt es Mozarttorten. Es gibt nichts, was es nicht gibt. Jeder kümmert sich darum, dieser nationsweiten Dienstleistung dienbar zu sein. Und alles ist unglaublich gepflegt, ohne steril zu wirken. Die Gestaltung der Pflege ist so über die Jahrhunderte perfektioniert worden, daß sich kein Punk ohne Bügelfalte in der Hose auf die Straße wagt (so ungefähr). Aber ohne Witz: Ich habe noch nie so gut durchgestylte Punks gesehen als in Japan.
Ein weiteres Merkmal ist die lockere Verknüpfung der Vergangenheit mit der Gegenwart und der Zukunft.
Und das Dritte ist, daß das Religiöse mit dem High-Tech ebenso problemlos, manchmal fast erschreckend Verschmilzt. Das internationale Baseballteam geht vor einem wichtigen Match in den Shinto-Tempel. Alle Videogames sind von tiefer Mystik durchwoben. Die Offenheit gegenüber der Möglichkeit verschiedener Zugänge zur Religion läßt Buddhismus und Shinto (die japanische Ur-Religion) ineinander verschwimmen, auf jeden Fall mit- und ineinander leben. Jin und Jang leben in jedem Computerchip und das wissen die Japaner.
Mehr ein Andermal.