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• Backstage Rap

18 Min. 56 Sec.
Black Tiger und Friends
rappen wie die Wilden.
Proben zum JKF im Z7.
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Allmählich hatte man begonnen, Digitalvideo zu entdecken. So auch ich und schwang meine Digitalvideokamera hin- und her um alles einzufangen, was ich für wichtig hielt. Manchmal ergab es Bilder von erstaunlicher Qualität, manchmal waren Kamera und Kameramann überfordert. The Show must go on. Angefangen von den Proben im Z7, danach nachts zum Aufbau der Hauptbühne am Barfüsserplatz. Es gab ja noch eine Theaterbühne und eine Birsigbühne, die war dann am Birsigparkplatz zwischen Steinenvorstadt und Theaterstrasse eingeklemmt. Man hatte vorgeschlagen, daß ich zwischendurch auch an die anderen Bühne gehen könnte, um dort wichtige Konzerte festzuhalten. Leider etwas Utopie. Es war schon Aufwand genug, die Hauptbühne auf die digitalen Bänder zu bannen. Die Daten wurden dabei auf recht große
Bänder geschrieben. Nicht mehr solche Klötze wie die Betacam SP-Kassetten, und man hatte auch viel mehr Aufnahmezeit, bis zu 3 Stunden im Gegensatz zu einer SP-Kassette, die gerade mal eine halbe Stunde aufnahm (die in der Kamera, die größeren Kassetten für die Recorder/Player gingen etwa eine Stunde).
In der Tat, es flimmerte ein Kaleidoskop an Geschehnisse vor der Kamera. Vom Freestyle Rapping (Habe ich den richtigen Begriff?) im Z7 während der Proben bis hin zu Piero Esteriores halsbrecherischer Sprung von der Hauptbühne. Have fun watching! Ich hatte gar nicht mehr gewußt, was ich da alles aufgenommen hatte.
Schon 1995 hatte man sich an ein solches Projekt gewagt: Da standen 37 Gruppen im Rahmen des «Dezibâle '95» auf der Bühne des Z7 auf der Bühne. Tommy Strebel mit seiner Eventfirma QSE hatten ein winziges Büro an der Ecke Holbeinstrasse/Kanonengasse bezogen und empfingen dort die Musiker. Vorteil: Mitorganisator Klemens Trenkle hatte sein "music-X-dream" zwei Türen weiter, für die Kommunikation ideal. Mit dem «Dezibâle '95» war man auf den Geschmack gekommen und man wollte mehr. Das Z7 diente nun als luxuriöse Bühne für die Proben. Klemes stand persönlich in der Küche während Tommy und sein Team den zentralen Act in die gewünschte Form brachte. Es brauchte natürlich etwas coaching, um vor einer recht ansehnlichen Menschenmenge zu musizieren.
Wie kommt jetzt unsereiner ins Spiel? Schon zum Dezibâle war ich mit meiner einfachen Sharp Hi8 Videokamera herumgegeistert und hatte alles festgehalten, was nicht niet- und nagelfest war. Die hatte sogar ein integriertes Display auf der Rückseite, was damals neu war. Und eine Stroboskop-Funktion. High Tech. Gehen wir mit der Zeit und besorgen wir uns eine der ersten zugänglichen Digitalvideo-Kameras, die Sony DCR-VX9000, was gleich einmal das private Budget um knappe 10 Tonnen in die Tiefe riß. Aber Begeisterung und Hingabe kennt keine Grenzen.
Eigentlich kannte ich nur Kamera und jemand, der sie bedient. Klemens gab mir den entscheidenden Hinweis. Man könne ja mehrere Kameras verkabeln, ein Videomischpult anschließen und so live von einer Kamera zur andern wechseln. Damals gab es noch den Zihlmann und die hatten sowas, ein einfaches, handliches Videonics MX-1 Videomischpult mit vier Eingängen, einen Hebel für die Überblendungen und eine Handvoll Trickfunktionen (die in der Zeitepoche ausgiebig im Rahmen von Fußballspielen ausgeschöpft wurden). Ich hatte vier Kameras: die DCR-VX9000, eine weitere Sony, die ihr Dasein lange Zeit in einem Wettersender verbracht hatte, den ganzen Tag hin- und herschwenkend, eine Sony Hi8 und die Sharp. Hi8 hin- oder her, ich brauchte ja nur das Bildsignal für das Video-Mischpult. Im Falle des Jugendkulturfestivals bekam ich den Ton über das Live-Mischpult geliefert. Der Videoschnitt und der Ton gingen dann direkt in einen Sony DHR-1000VC Recorder. Ich gebrauchte, was ich hatte, einen richtigen Gemischtwarenladen.
Zwei der Original-Festivalflyer.

Das Motto war: Denn sie wissen nicht, was sie tun. Das galt auch für mich. Natürlich nicht für die Bühnenarbeiter, die müssen das wissen, und da ziehe ich den Hut vor all den Leuten, die dafür sorgen, daß eine so große Bühne sicher dasteht und der Strom nur dorthin geht, wo er soll. Ansonsten werkelten wir uns völlig naiv durch das Geschehen. Vieles war inprovisiert. Auch meine Videoanlage, die bestand aus allem, was ich hatte und den Kabellängen, die ich hatte, und das bis zum letzten Zentimeter. Es ging nur um tun oder nicht tun. Budget für meine Arbeit hatte es nicht, ich interessierte mich auch nicht dafür. Ich wollte sehen und hören und das Wahrgenommene festhalten. Und die Atmosphäre genießen. Und alle um mich herum gaben alles.
Dazu kam: Wir – Klemens inbegriffen – hatten eine recht blauäugige Sichtweise. Es ging um die Kultur und um die Musik, nicht um das Musikgeschäft. Die Finanzen waren sekundär und dienten nur dazu, das musikalische Geschehen zu den Menschen zu transportieren. Das ging so auch in die 80er Jahre hinein, als ich, und auch der Klemens und einige Andere all diese neuen Kultobjekte bestaunten, die im Rahmen der Entwicklung der Synthesizer für die interessierten Musiker gebaut wurden. Der Idealismus ging dabei so weit, daß einige dieser Firmen den Dasein aufgaben.
Beim Betrachten der Videos nach so vielen Jahren fällt mir auf, wieviel digitale Technik es
noch nicht gab. Wie schon beschrieben, wurde auf Digitalvideo aufgenommen, aber auf laufendem Band. Auch das Licht, so gehe ich davon aus, war analog und auch kein LED. Wieviel Digitales im Ton Verwendung fand, ich weiß es nicht. Man beachte auf jeden Fall die dicken Kabelstränge, mit denen hier hantiert wurde. Es war, als sitze man in einer Arche, in der eine Horde von Musikern die Meere besingen.
Ich will hier nicht zu sehr auf die Inhalte der Filme eingehen. Die sollen für sich sprechen. Jedenfalls war es für mich eine Riesengaudi, die Aufnahmen zu entmotten, und diese wieder zu sehen.