Stand: Juni 2024
Kurze Vorgeschichte
Bringen wir die Sache mit dem Dante zum Abschluß. Meine Wege führten mich (per Mail) direkt zur Firma Sonifex, von der ich das Dante-Interface hatte, das mit dem M1 Prozessor nicht mehr zurechtkam. Zunächst wurde ich im Kreis herumgeführt, erhielt dumme und arrogante Sprüche und wurde danach an Audinate verwiesen, das Problem gehe sie nichts an. Audinate lief genauso im Kreis herum; nach einigen Monaten sinnloser Versuchsreihen gab ich auf und ging Steinberg einkaufen. Auch die Firma Gotham wollte nichts davon wissen, daß die Firma Sonifex nicht das Gelbe vom Ei sei. Bei der Gotham hatte ich das Sonifex Interface für tausendsechshundert Franken erstanden. Ich verließ Gotham City und überließ es den Goths, den Audinaten und den Sonifexeln wunderbar untereinander zurechtzukommen. Der Penguin wird das schon schaukeln.
Das Steinberg AXR4T macht schon lange was es soll, wurde aber als ehemaliges Flaggschiff in der Steinberg Interface-Reihe plötzlich discontinued. Der Webeintrag verschwand kommentarlos von der Website und ist nur mehr zu finden, wenn man das URL kennt (
https://www.steinberg.net/audio-interfaces/axr4/). Die Chipfabrik in Japan war über mehrere Tage lang in Brand geraten, und keiner hatte den Mumm, davon Klartext zu reden. Die Fabrik ist wieder repariert aber das AXR4T blieb weiterhin hinter dem Vorhang. Was mir unklar bleibt ist, warum die dazugehörige Software gelegentlich aussetzt und neu installiert werden muß. Äußerst beunruhigend.
Traue keinem über Dreißig, Konzernen und ehrgeizigen Hausärzten.
Die Wüste lebt
Und wir mittendrin. Es scheint eine Prüfung zu sein, sich von Käfern und Kakteen ernähren zu müssen, bevor man die Geisterhöhle erreicht. Und die wollen wir erreichen, denn dort sitzen die Wüstengeister, die den Weg ins Paradies kennen. Hat man die beschwerlichen Prüfungen bestanden, da kommt man in ungeahnte Genüsse. Dann legt man die Hobbyaufnahmen für das MP3-Theater zur Seite und badet endlich in Drachenblut. Die Wüste wird zum Garten und die Klänge werden plastisch. Die Aufnahmen werden zum großen Kino. Aber wie? Wie ist das nur möglich?
Damit steht und fällt alles. Wenn einem die Filmmusikkomponisten nicht helfen können, dann gibt es noch das große, weite Web, das RTFM (Read The Fucking Manual) und das einsame Kriechen durch die schmalen Gänge der Softwaretunnel auf eigene Faust und Knien. Gehen wir davon aus, wir wollen wirklich tolle Aufnahmen machen. Große Studios kosten Geld, das wir nicht haben. Wie weit kommen wir mit unseren eigenen Möglichkeiten? Es sei gesagt: Die Grundlage einer guter Hardware sollten wir haben, um die kommt man nicht drumherum. Die besten Mikrophone, die man sich leisten kann, dazu die besten Preamps, die man sich leisten kann. Equaliser und Kompressoren in Hardwareform schaden sicher nicht. Und dann geht es an die Aufnahme.
Ich dachte mir: Jetzt muß ich alles optimieren, dann erst kann ich mir wieder das Aufnehmen erlauben. Das ging einige Wochen, bis ich den modernen Stand erreicht hatte, wußte, was ich tat und bis ich ein System hatte, das stabil dastand. Here wie go.
Samplingfreqenz / Rosettaklotz / Software-Monitoring / Bit-Tiefe
Die Samplingfrequenz einer Aufnahme bestimmt seine Qualität. Die 44.1 kHz der CD ist allmählich so passé wie die CD selbst. Sicher gibt es noch Aufnahmen, die man nur auf einer CD finden kann, aber dieses Format anzuvisieren, hat aus meiner Sicht heute keinen Wert mehr. Selbst mit den 48 kHz, dem derzeitigen DVD- und Videostandard, bekommt man einen besseren Klang als auf einer CD. Ich will mehr. 96 kHz oder 192 kHz ist doch eine Reise wert. 96 kHz und 192 kHz sind für mich heute unterste Grenze. Was ist aber, wenn ich höher klettern will?
(Oben) Die Logic kHz-Bremse,
die man im Reaper nicht hat (Unten).
Jahrzehntelang habe ich mich auf Logic eingestellt. Aber nun möchte ich einen Gang höher schalten, und Logic bremst mich ab. Gleich in zweifacher Hinsicht. Das eine ist: Die Samplingfrequenz bleibt bei 192 kHz. Und das ist lächerlich. Das Steinberg AXR4T macht zukunftsweisende 384 kHz. Wenn ich diese Qualität erreichen will, dann bremst mich Logic ab. M eins, zwo, drei-Prozessoren hin- oder her. Steckt Logic Pro (Pro?) im Homerecording fest? Die Abtastraten hören hier bei 192 kHz auf. Ich muß auf eine Software zugreifen, die das kann. Entweder zu Steinberg WaveLab (was aber kein DAW ist, sondern eine Mastering-Software) oder zum Beispiel zu Reaper.
Also wirklich: Was nutzt mir das ganze Geschwafel von neuen Funktionen und AI-Anbindung, wenn mir eine Software nicht einmal grundlegende Funktionen erlaubt? Ich werde mich hier auf keinem Fall an die Disskussion beteiligen, ob wir das überhaupt hören können oder nicht.
Die modernen Abtastraten bewegen sich in Richtung 768 kHz, die ersten Interfaces dafür sind schon lange auf dem Markt. Herkömmliche DACs bewegen sich inzwischen ohne Wenn und Aber in diesem Bereich. Da sollte sich doch ein modernes – und auch vielgenutztes – DAW anpassen? Logic scheint das nicht anzubieten: Ich greife zum
Reaper.
Und noch schlimmer: Für gewisse Plugins habe ich Rosetta aktiviert, weil die anscheinend ohne Rosetta nicht mehr laufen. Was passiert? Nach dem Update auf Logic Pro 11 braucht Logic schlichtweg knappe vier Minuten zum Aufstarten. Ist das noch zu fassen? Also wieder zurück zu Logic Pro 10.8.1 und alles lauft wie geschmiert. Und plötzlich ist wieder das Aufstarten unendlich langsam? Oh, Logic hat sich automatisch auf Version 11 heraufgesetzt, also in den Trash und die alte Version wieder einstellen. Und einige Male das Spiel gespielt, bis ich daraufkam, daß in den Systemeinstellungen unter «Software Updates»
«Systemeinstellungen > Software Updates > i > Automatisch» und danach
«App-Updates aus dem App Store installieren» aktiviert war.
Weg damit. Logic blieb auf 10.8.1. Und damit so schnell wie gewünscht. Neuerungen in Ehren, aber in bestimmten Fällen braucht es ein Downgrade, damit das System funktioniert. Und eine kleine Reise durch die Wüste bis man die Lösung findet.
Software-Monitoring, aus meiner Sicht nutzlos.
Es hat auch diese eigenartige Funktion «Software-Monitoring» im Logic. Wehe mir, ich achte nicht darauf, daß das deaktiviert ist. Ich habe nie begriffen, wozu das gut sein soll. Das einzige, was ich jemals erhalten habe, sind Latenzen und Echoeffekte.
Einstellungen > Audio > Allgemein > Software-Monitoring > Deaktivieren
Soweit ich informiert bin: Logic Pro hat seit 10.7.5 die Möglichkeit, mit 32 Bit aufzunehmen, was man in den Aufnahmeeinstellungen unter Bit-Tiefe einstellen kann. Großer Vorteil: Man hat ein besseres, viel besseres Dynamic Range. Bisher – mit 24 Bit – konnte man (ja nicht und wirklich nicht!!!) über die Nullgrenze gehen. Sprich: 0 dB FS (Fullscale) war das absolute Ende der oberen Skala. Das bedeutete, daß alles, was über diesem Pegel aufgenommen wurde, völlig verzerrt und unbrauchbar war. Gewiß gibt es im analogen Bereich die Sättigung und auch eine Verzerrung, die man als Klangfarbe gebrauchen kann. Der digitale Bereich ist aber ein anderes Paar Schuhe. Sprich: 0 dB FS war die absolute Obergrenze der Lautstärke, die man digital aufnehmen konnte. Mit der 32 Bit-Einstellung war man (im vernünftigen Rahmen) von dieser Einschränkung befreit.
Nachts, wenn es dunkelt, da leuchtet immer noch der Pfad in die Software.
Reaper
ist für mich Neuland. Wie es so ist mit all den Programmen, hat es immer Vor- und Nachteile. Gewisse Arbeiten erscheinen vereinfacht (oder überhaupt möglich), andere Vorgänge unnötig kompliziert. Aber mit den 384 kHz / 32 Bit Aufnahmen habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht. Ich bleibe dabei, eventuell wird Reaper das Logic ablösen. Wie sagte doch der alte Dr. Who? «Who nose.»
Die Stadt in der Wüste
Wenn alles eingerichtet ist, dann wird man eine wunderbare Entdeckungsreise machen. Man erreicht ein Timbuktu, eine Märchenstadt, die voller Bibliotheken ist, voller ungeahnter Klänge. Aber vorher bedarf es der Hard- und Softwareaktrobatik. Man muß die vielen Winkel kennen, die Nichen, in der sich die Funktionen verbergen aber auch die Gesetzmäßigkeiten, die Regeln und die richtigen Einstellungen. Dann kommt die Musik in die Büchse und klingt dementsprechend. Man wird nie den Originalklang erreichen, oft aber etwas, was «Larger than Life» sein kann.
Ein Blick in das Aussehen des Reapers.