Eine Richard Budischowsky Glasvase. Was für eine Welt. Eine Welt, wie er sie war. Er konnte nie wirklich seine Ansprüche an das Leben im Einklang mit der «realen» Welt bringen. Damit fristete er ein Randdasein, obwohl er ein begnadeter Künstler war. Das Betrachten seiner Werke bleibt eine nicht zu unterschätzende Inspiration.
 
 
 
Abend- und Nachstunde
Es ist meist später geworden, die Nacht liegt auf dem Städchen und ich greife zur Allzwecktasse. Limettensaft, Tee, Bier, Marillenschnaps, was auch immer.
 
Die Tasse steht neben dem Bücherhaufen, der gerade aktuell ist.
Buchbetrachtungen
 
Zu jeder Stunde, frühmorgens oder spätabends, vor dem Fenster des Cafés, im Viehstransport des Trams, tief in der Nacht, bei Sonne und Regen, begleitet mich ein Freund, dem ich, und der auch mir mein ganzes Leben lang die Treue gehalten hat: Das Buch, unersetzlich außer durch die direkte Erfahrung, die nun mal alle Worte in den Schatten stellt. Und Buch ist für mich Papier und kein Bildschirm. Dünn geschnittene Bäume, geleimt und mit Farben versehen. Verständliche Symbole oder solche, über die ich rätseln muß.
 
 
 
Ein Teil der Buchsammlung. Zentral: Srimad Bhagavatam und Shiva Purana neben den Aghori-Bänden.
Bookshelf.
Wie hätte ich ohne Bücher leben können? Schon das ganz erste Buch, das ich las (oder mir vorlesen ließ) beeindruckte mich so sehr. Und doch fehlte mir etwas. Es war ein braves und einfaches Buch und hieß: «The Lonely Little House». Ich ergänzte die Illustationen mit dem, was ich von anderswoher kannte (Comics & TV): Raumschiffen.
 
Es war nur eine Frage der Zeit, bis ich – nachdem ich im deutschsprachigen Raum gelandet war – das so verachtungwürdige Schundheft entdeckte. Jerry Cotton versickerte sang- und klanglos zwischen meinen Fingern, so auch Kommissar X und die Fledermaus. Die anderen Schundromane faßte ich erst einmal gar nicht an. Blieb noch Perry Rhodan. Endlich fühlte ich mich wieder zuhause, nachdem mir im österreichischen Raumgebilde in den späten 60ern und frühen 70ern Dr Who verwehrt blieb und «Der Kasperl und das Krokodil» keinerlei Hinweise auf Dimensionsverschiebungen oder Raum- und Zeitreisen brachte.
 
Mein erstes Buch: «The Lonely Little House» von Edward L. Simmons. Von mir mit Raumschiffen illustriert und nachkoloriert.
The Lonely Little House.
Rhodan blieb, und gerade vor Kurzem las ich wieder die ganz ersten Ausgaben (4. Auflage). Ich staunte, ich konnte sie nach langer Zeit wieder lesen, mit der gleichen naiven Hingabe wie vor Jahrzehnten. Ich hatte es schon vor einigen Jahren versucht, aber es gelang mir nicht, in die Spannung der Handlung mit der gleichen Hingabe einzutauchen wie mit zwölf Jahren. Die Hefte sind eine Gaudi, jetzt wieder. Eine gescheite Gaudi.
 
Ein freier Geist kann auch frei lesen. Und nachdem mein Geist jahrzehntelang von der dummen, dummen Gesellschaft indoktriniert wurde, konnte ich wieder frei lesen. Was für eine Wohltat: Fähig sein zu lesen, was man will. Das ist auch bei uns im «freien» Westen gar nicht so einfach. Schulbildung macht's möglich: Nicht wirklich lesen zu können. Und mit Perry Rhodan als ergänzende Literatur zu Meyrinck, Poe, ETA Hoffmann, zum Tibetanischen Totenbuch, zu Abhandlungen über Shiva schwierigster Sorte ist das eine gute Ergänzung.
 
Es bleibt dennoch die Frage: Bedrohen uns die Borg in der Wirklichkeit? Falscher Film? Richtige Frage. Die eigentliche Frage: Wie kommen wir wirklich vom Fleck? Sicher nicht mit den primitiven Feststoffraketen. Und ein weiteres Dilemma: In einigen Jahren werden wir mit unseren brennenden Schaukelpferden die Welt nicht mehr verlassen können, weil wir unterwegs von unserem eigenen Weltraumschrott erschlagen werden.
 
 
      
 
Es ist die alte Hippekultur, die diese Leselinie hinterlassen hat. Die Linie blieb über all die Jahre erhalten. Natürlich könnte man sich mit Hegel herumschlagen – was soll ich dazu sagen, ich habe mich nie mit ihm beschäftigt und möchte ihn nicht unbedingt herabwürdigen – dennoch: Vermutlicherweise wird eine Buchausgabe westlicher Philosophie nie an die Tiefe der alten östlichen Kulturen heranreichen. Das «Tibetanische Totenbuch» liegt seit Jahren in mehrfacher Ausgabe auf meinem Büchertisch. Und ist noch lange nicht erkundet. Schon allein die Anmerkungen, Ergänzungen und Kommentare laden dazu an, sein Leben zu überdenken und eventuell neu zu orientieren. Kaum habe ich einen Band fertig gelesen, möchte ich ihn noch einmal lesen, ich habe den Eindruck, die Hälfte schon wieder vergessen zu haben.
 
Andere Klassiker: Sri Caitanya, Paramahamsa Yogananda, ein Buch über Aghora, «Be Here Now» von Ram Das. Ich könnte Seitenlang über diese Ausgaben schreiben, es wäre nutzlos, read them yourself. Wir sind freie Geister, die alles lesen können (oder können sollten). Ich empfehle das.
 
Und das ist das Letzte, was ich so gelesen habe: Harry Goldschmidts «Franz Schubert – Ein Lebensbild» und Glyn Johns «Sound Man». Beides faszinierende Bücher für Leute, die gerne Musik hören und für mich gute Weiterbildung, da ich von der sog. klassischen Musik allzuwenig weiß und Studioerlebnisse mit den Beatles und den Stones sind immer worth a laugh.
 
 
 
 
Das geheime Leben der Bäume
Da kann ich kaum zu lesen aufhören, Paul Wohllebens meisterhaftes Buch
über Leben, Kommunikation und Gefühle (?) der Bäume.
Wert der Worte
 
Es gibt Sender und Empfänger und eine Frage dazu. Autor sendet, Leser empfängt. Die Frage, die ich hier empfinde, ist jene: Wer schreibt in der Tat Hand und Fuß, wer kann etwas schreiben, was immer noch interessiert und fesselt, wenn man schon so viel gelesen hat? Und der Empfänger: Wer ist fähig, dieses oder jenes zu begreifen, sich von dem fesseln zu lassen, was ihm hier begegnet? Was ist es wert, sich von dem fesseln zu lassen; man kann ja auch seine Zeit vertun, mit Politik zum Beispiel – ich seh da wirklich keinen Sinn dahinter. Ja, es gibt schlechte Sender, und es gibt welche, die sind es nicht wert, gehört zu werden, dann gibt es noch jene mit schmaler Bandbreite, schmal wie eine Rasiermesserklinge. Die Masse liebt diese Autoren. Und dann gibt es jene Sender, die mit der Wucht des Schwermetalls senden, eine gescheite Hitparade abliefern und doch unerhört verklingen. Schweine interessieren sich nicht für Perlen. Doch all diese Perlenketten, die im Äther schweben und es verdienen, gehört zu werden, die warten darauf, daß wir lesen lernen.
 
Es kommt vor, daß man im richtigen Moment am richtigen Ort ist, so auf dem Nachhauseweg auf der Mittleren Brücke. Hinter mir hupte ein Fahrrad. Ich kenne nur einen Menschen mit einem hupenden Fahrrad. Zum Tee zeigte mir Mokka, was sie gerade liest.
 
Einzelne Blätter aus dem Maupassant.
Einzelne Blätter aus dem noch ungebundenen Buch.
Ich verdanke es immer wieder dem netten Herren im Hebelantiquariat, daß mir besondere Bücher vor die Nase gelegt werden. Manchmal sind sie vom Inhalt her bedeutsam, manchmal einfach von ihrer Machart besonders. Mit etwas Glück sogar beides.
 
Röne an seinem Schreibtisch.
Röne an seinem Schreibtisch.
So kam es vor, daß ich mir ein nicht ganz fertiges Buch zugelegt habe: einen Studiodruck aus dem Jahre 1950, alles lose Blätter in einem Schuber. Das ist dann ein sogenannter Studiodruck: lose Blätter, die sich der Kunde ansieht und dann wird entschieden, ob er das Buch kaufen will. Danach erst wird es gebunden. In diesem Fall ist es eine Erzählung von Guy de Maupassant: «La Maison Tellier». Bleisatz, und alle Illustrationen echte Radierungen. Ich habe 300 Franken dafür hingelegt, aber ich meine, jede Radierung allein ist das schon wert und es hat sicher 40 Stück davon, ich hab's nicht gezählt.
 
 
Der René Pfeiffer ist so ein Sonderling. Wobei der Begriff Sonderling aus meiner Sicht nichts bedeutet, außer, daß es sich in der Regel um einen Menschen handelt, der einen relativ hohen Grad an Zurechnungsfähigkeit hat. Sonderbehandelt werden darf. Vorhin, als ich durch die Stadt ging, ertappte ich mich dabei, die herumlaufenden Menschen alle einzeln mit der Bezeichnung «Stuporabhängig» zu etikettieren. Wie gemein von mir. Doch sei es ausgesprochen: Man ist seinem eigenen Stupor ausgesetzt und dreht sich im Kreis. Wenn man sich der Leere der Betrachtung hingibt, dann läßt dieser Zustand etwas nach. Bis es aber soweit ist, ist man vermutlich damit beschäftigt, endlich das Overdrive-Stadium zu erreichen, um den Schritt von diesem Overdrive-Stadium weg zu machen, denn erst dort beginnt ruhig überschaubare Konzentration. Sag ich so.
 
Und wer ein gutes Buch sucht, der Möge René in seinem Laden besuchen. Ich habe so manchen Samstagnachmittag dort verbracht und das nie bereut. Ich lese ja auch gern und schau mir dazu die Bilder an. Und Schallplatten hat er auch.
 
Johann Peter Hebel Antiquariat, Oetlingerstrasse 146, 4057 Basel, http://www.jpha.ch/
 

Und so ganz allgemein...
 
Das Topimage und der Hauptartikel sind random: Falls jemand eine bestimmte Seite lesen will, diese findet man im Dropdown: «site index»
 
Das hier ist eine Schrift. Wie ein altes Buch, das mehr gezeichnet wurde als geschrieben. Ich möchte damit so nahe wie möglich an Schreib- und Setzkunst kommen, und das im Internet, auf einer Webpage, die für einen guten Bildschirm und gute Lautsprecher gedacht ist. Die Site richtet sich an Besucher, die sich die Zeit nehmen, sich in Ruhe den Inhalten zu widmen. Ihr könnt hier responsive Design vergeblich suchen, ich mühe mich nicht ab, um dann die Inhalte auf einer Streichholzschachtel präsentieren zu können.
 
Es braucht viel Aufwand, zu überlegen, was ich hier schreibe, zeichne und per Photographie, Tonaufnahme und Video auf dem Web wiedergespiegelt haben will. Jeder Gedanke ist überlegt, jede Aussage verlangt auch dem Leser die eigene Überlegung ab, so ist es gedacht. Es mögen Inhalte noch etwas unbeholfen erscheinen, noch nicht ausgereift, dennoch werden sie hier präsentiert, sie sind Teil des Flusses. Es ist ein Magazin, eine Reflexion persönlichster Art und ein Buch, ein Hör- und Filmbuch, das vom Einkauf bis zur Überlegung über den Tod führt: der Spanne des Lebens. Damit sind diese Inhalte für mich wertvoll und sollen es auch dem Besucher sein. Sollte ich diese Inhalte ohne mein Erlaubnis irgendwo anders antreffen, dann werde ich böse und dieses Böse wird Folgen haben. Sollte jemand durch diese Inhalte die Antwort auf eine Frage finden, die ihn schon lange beschäftigt, dann ist meine Aufgabe von gutem Ergebnis gekrönt. Auch ich bin dankbar für jede Orientierung.
 

 
 
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